CDU Kreisverband Rottweil

Aufrüttelnde Festrede von Minister Gerd Müller beim CDU-Neujahrsempfang in Rottweil

Der Vorhof zum Paradies und der Vorhof zur Hölle – und beides auf dem einen Planeten

KREIS ROTTWEIL, 30. Jan. 15 - Leichte Kost war es wahrlich nicht, die Dr. Gerd Müller da den Gästen im Festsaal des Vinzenz von Paul Hospitals in Rottweil servierte. Ganz und gar nicht. Wenn wir in Kempten im Allgäu, der Heimat des Bundesministers für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, oder in Rottweil im „Vorhof zum Paradies“ leben, so ist es nicht übertrieben, vom „Vorhof zur Hölle“ zu reden in den vielen Teilen der Welt, in denen Hunger, Krieg, Not, Elend und Vertreibung zu Hause sind.Genau so drastisch wie zutreffend beschrieb der 59-jährige CSU-Politiker die Situation in Irak / Syrien, in Nigeria, im Südsudan, in Bangladesch. Zum Beispiel. Seit gut einem Jahr, mit Start der großen Koalition, ist der studierte Diplomwirtschaftspädagoge im Amt, und setzt seither in seinem Ministerium ganz besondere, sichtbare Akzente.
Bundesminister Dr. Gerd Müller bei seinem Festvortrag in Rottweil: Wir brauchen den Paradigmenwechsel. Oder es ist dies die letzte Party forever.
Völlig zu Unrecht fand das früher so genannte Entwicklungshilfeministerium (gut, dass die Bezeichnung aus dem Sprachgebrauch verschwunden ist) wenig Beachtung: spätestens seit Gerd Müller den Fokus auf die Krisenherde dieser Welt lenkt, mit der Einführung des Textilsiegels und weiteren Aktionen wertvolle, wahrlich notwendige Akzente in Richtung soziale und ökologische Fußabdrücke setzt, wird erleb- und erfahrbar, dass wir nicht (mehr) wegschauen dürfen. Die Botschaft ist eindeutig und für jeden einsichtig: Wir können uns nicht wegducken, können nicht wegschauen, wenn Kinder im Chemieschlamm die Textilien bearbeiten, die wir dann später an unserem Körper tragen. „Wenn wir, wenn Sie einen Euro mehr bezahlen würden, könnten menschenwürdige soziale und ökologische Mindeststandards hergestellt werden.“

Werden wir der sozialen Verantwortung gerecht? Es ist die Frage dieses Abends. Verbunden mit dem Hinweis, dort an den Veränderungen zu arbeiten, wo die Missstände sind: „Die Menschen wollen in ihrer Heimat bleiben“, stellte der Minister fest. Doch sie erleben die eklatante Diskrepanz zu der Situation bei uns. Gerd Müller: „Bei meinem Besuch in einer Hütte im Südsudan war in einer Ecke ein Flachbildschirm platziert. Übertragen wurde das Fußballspiel des FC Bayern München gegen Hertha BSC. Mit Werbung und allem Drum und Dran.“ Die Konsequenzen sind offensichtlich: Wir wollen genauso leben wir ihr?

Volker Kauder hatte sehr wohl gewusst, warum er gerade einen Minister zum Neujahrsempfang nach Rottweil eingeladen hatte, der bisher nicht so sehr im Fokus der Öffentlichkeit stand. In seinem Beitrag würdigte ihn der Bundestagsabgeordnete und Unionsfraktionschef  auch deswegen, weil er gleich nach Beginn seiner Amtszeit in seinem Ministerium ein Referat neu eingerichtet hat, das sich mit der Religionsfreiheit beschäftigt. Dem Thema, das Volker Kauder seit Jahren bearbeitet und Gewicht in der politischen Debatte bekommen, wie dies vor einigen Monaten die meisten noch nicht für möglich gehalten haben.

„Wir sind nah bei den Themen dran“, zog Volker Kauder dann auch den Bogen zu den anderen Bereichen. Wie gewohnt bei ihm, mit großer Leidenschaft, aber auch in der Gelassenheit angesprochen, die nur ein Politiker an den Tag legen kann, der überzeugt ist von sich und seiner politischen Arbeit – und der andere überzeugt. Sein Lob galt auch seinem Landtagskollegen Stefan Teufel, für dessen großen Einsatz im Land für den Kreis Rottweil, „was nicht so leicht ist bei der grün-roten Landesregierung und es steht auch nicht so sehr in der Zeitung.“ Und in Sachen Bundespolitik: „Wir drücken uns nicht vor der Verantwortung. Vieles haben wir richtig gemacht in der großen Koalition. Doch beim Mindestlohn sind wir übers Ziel hinausgeschossen. Was den Unternehmen in Sachen Bürokratie zugemutet wird, geht nicht.“ Am Tag zuvor hatte er mit Wirtschaftsminister Gabriel darüber geredet, positive Signale erfahren.
Groß sind die Sorgen in Europa und in der Welt. Auch hier blieb Volker Kauder seiner Leitlinie treu: Gelassenheit und Klarheit. Griechenland erinnert er an die geschlossenen Verträge.  Und er verurteilte gleichermaßen die Attentate von Paris als  „Anschläge gegen unseren Lebensstil, gegen die freiheitliche Kultur.“ Die Freiheit ist das eine, die Verletzung religiöser Gefühle das andere. Und deswegen, klar und deutlich seine Aussage: „Ich halte nichts von einer Verschärfung der Gesetze, sondern es muss aus der Gesellschaft kommen, was wir wollen und was nicht.“
Der stetige Ruf nach dem Staat: der falsche Ansatz. Die Zivilgesellschaft ist gefordert!

Viele nachdenkliche Töne dominierten diesen Neujahrsempfang. Doch im „Vorhof zum Paradies“ kann und soll es auch heiter zugehen. Gelassen sowieso. Beides gehört dazu, wenn Politik auf der Grundlage des christlichen Menschenbildes gestaltet wird.
Wie jedes Jahr gehört die musikalische Umrahmung durch den Musikverein Frohsinn Rottweil-Altstadt dazu. Von der Begrüßung (bei der sich der Minister aus dem benachbarten Allgäu geradezu anstecken ließ zu heiteren Bemerkungen) bis hin zum auch schon traditionellen Rottweiler Narrenmarsch.

Auch die einleitende Bemerkung von Gerd Müller zu Volker Kauder, dass es selbstverständlich ist, dass man zu kommen habe, wenn der Fraktionschef einlade, gehört in die Kategorie. „Vermutlich war auch schon die Bundeskanzlerin hier“, mutmaßte er. Und erntete heftiges Kopfnicken.

Wie sehr sich der CDU-Kreisverband im Vinzenz von Paul Hospital wohlfühlt und in gleichem Maße dieses die Christdemokraten sehr gerne als Gäste begrüßt, auch dies wurde nicht zuletzt beim Grußwort von Geschäftsführer Thomas Brobeil deutlich. Gemeinsame Werte verbinden.
Diese wurden genauso sichtbar bei dem Grußwort des CDU-Kreisvorsitzenden Stefan Teufel und bei dessen Ausführungen zur Landespolitik. Wobei Thomas Brobeil bei der Erwähnung des Nord/Süd-Gefälles bei den psychiatrischen Erkrankungen für seinen Bereich „noch Luft nach oben“ zu sehen glaubt … in Wirklichkeit aber vermutlich im Sinne des heiligen Vinzenz von Paul sich freut über jeden, der gesund ist und unbeschadet in dieser schwierigen Weltenlage sein Leben gestaltet.
Gewohnt kurz, prägnant und inhaltsreich lenkte Dr. Andreas Schwab in seinem Grußwort den Blick auf den Bereich, für den der seit dem Jahr 2004 im Europäischen Parlament arbeitet: „Wir stehen in Europa in diesen Woche in einer ganz besonderen Verantwortung.“ Die Stichworte Russland / Ukraine sowie Griechenland genügen um zu zeigen: die Herausforderungen sind gewaltig. Paradiesische Zustände sind eher selten zu sehen.
Umso wichtiger scheint es, aus der Verantwortung heraus, die die Reden beim Neujahrsempfang allesamt verdeutlicht haben, Politik mitzugestalten.  Mit der Unterstützung all der Gäste, ohne die die Veranstaltung nicht zu dem Event geworden wäre.

Beim Stehempfang gab es noch reichlich Gelegenheit, über die angesprochenen Themen zu reden und darüber nachzudenken, was Bundesminister Gerd Müller über die Zustände in vielen Teilen der „am Rande der Apokalypse“ berichtet hat. Bemerkenswert darüber hinaus:  Er verzweifelt nicht ob seiner schier unlösbaren Aufgaben, sondern macht sich als „Christ in der Politik“ mit der notwendigen Freude und großem Engagement an seinen Zielen. Sonst könnte er wohl nicht sagen: „Wir können es schaffen. Eine Welt ohne Hunger ist möglich.“